Tuesday, September 12, 2006

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And I'll pull your crooked teeth
You'll be perfect just like me
You'll be a lover in my bed
And a gun to my head
We must never be apart
We must never be apart


Seit dem Wochenende habe ich diesen Ohrwurm. Ständig summe ich ihn vor mir her und klopfe den Takt mit dem Stock mit. Schrecklich. Auf der Heimfahrt höre ich es auch meistens.
Über den Videos, die mich so überrascht haben, habe ich hier gar nichts mehr geschrieben. Doch ich möchte den Kommentar und die Mails nicht ignorieren und berichte also weiter von dem Mittagessen. Ich kann mir zwar nicht denken, was Sie daran alle so spannend finden, aber vielleicht gefällt es Ihnen ja bloß, mich leiden zu sehen.

Ja, wo war ich? Ich orderte also Tagliatelle mit Steinpilzen und einen Rotwein, Allenby eine vegetarische Pizza und ein gewagtes Glas Wasser. Während wir auf das Essen warteten, blickte ich angelegentlich im Restaurant umher und hoffte, dass keine unangenehmen Gesprächsthemen auf mich zukommen würden. Ich war unschlüssig, ob ich das Gespräch beginnen und lenken oder ob ich einfach schweigen sollte. Mir gefiel beides nicht. Einerseits wollte ich nicht, dass Allenby einen Gesprächsstart meinerseits als Interesse auslegt, andererseits wollte ich ihm auch nicht das Heft in die Hand geben. (Ist das ein Dolch, den ich da vor mir sehe?)
Als ich mich endlich entschlossen hatte, zu beginnen, begannen wir prompt gleichzeitig irgendein Gerede und ich wurde bloß dadurch gerettet, dass der Salat serviert wurde. Allenby zupfte verlegen ein Pizzabrötchen auseinander und sah mich ab und zu verstohlen an. Ich nahm einen guten Schluck Wein und rang mich nochmals durch, zu beginnen.
"Also, Dr. Allenby, was ist los heute? Haben Sie Heimweh? Woher aus England stammen Sie eigentlich?"
"Aus Hawes....Das ist ein kleines Dorf in den Yorkshire Dales." Er seufzte. "Es ist wirklich wunderschön dort...Aber...Heimweh? Nein, eigentlich nicht."
"Dann gefällt Ihnen Plainsboro?"
Er griff gleichzeitig mit mir nach dem Olivenöl, streifte meine Hand und zuckte zusammen. Ich grinste. "War ich geladen?"
Er blinzelte. "Wie?"
"Habe ich Ihnen einen Schlag versetzt?" fragte ich erneut.
"A-achso..." stotterte er. "Ähm...ja."
Er lief rot an und lehnte sich dankbar zurück, als das restliche Essen kam.
"Ja, Plainsboro - überhaupt New Jersey - gefällt mir. Es ist nicht mein Zuhause, aber ich habe mich doch eingelebt. Und die Möglichkeiten in Ihrer Klinik sind phantastisch."
Ich kaute auf einem Steinpilz. "Ja dann...haben Sie ja keinen Grund, Trübsal zu blasen."
Er zuckte die Achseln. "Eigentlich nicht. Eher im Gegenteil."
"Wunderbar", sagte ich und wollte es damit auf sich beruhen lassen. Es beunruhigte mich, dass er plötzlich einen so entschlossenen Gesichtsausdruck hatte.
"Ich habe einfach nicht gut geschlafen. Es hat mich ziemlich mitgenommen, was Sie zu mir gesagt haben."
Ich blickte unschuldig auf. "Ich? Was denn?"
"Naja, gestern in der Kantine..." Er unterbrach sich und machte eine wegwerfende Handbewegung. "Wahrscheinlich benehme ich mich grade wieder wie ein Idiot."
"Da möchte ich Ihnen keinesfalls widersprechen."
Allenby grinste schief und sah mir direkt ins Gesicht. Ich rutschte unbehaglich auf dem Stuhl hin und her und schaute in mein Weinglas.
"Dr. Wilson hat mir schon gesagt, ich solle mir keine Gedanken darüber machen." Er betrachtete eine Artischocke, die er auf die Gabel gespießt hatte. "Ich...war halt etwas verletzt wegen Ihrer Entgegnung."
"Oh", sagte ich leichthin. "So bin ich fast immer!"
"Ja", sagte er und blickte mich wieder direkt an. "Genau das hat Dr. Wilson auch gesagt. Und er meinte auch, dass Sie mich wahrscheinlich eigentlich gerne Louis nennen würden."
Judas! Fällt mir einfach in den Rücken!
Ich hatte schon auf der Zunge liegen, dass er das nur gesagt hatte, um ihn zu beruhigen, entgegnete dann aber zähneknirschend "Also gut..." Mehr konnte James aber nicht von mir verlangen. Wenn das einer Entschuldigung nicht verdammt nahe kam, weiss ich es auch nicht. Das war sogar viel mehr, als er von mir verlangen konnte.
Allenbys Gesicht leuchtete auf und er reichte mir seine Hand. "Schön! Dann also...Gregory?"
Ich zögerte und ergriff dann seine Hand. "Gregory."
Meinem Empfinden nach hielt er meine Hand eine Spur zu lange fest, fing dann aber an, herzhaft zuzulangen und seine Pizza zu vernichten.
"Wissen Sie...Weisst du....eigentlich geht es mir hier sogar blendend!"
"Na, wenn das mal nicht schön zu hören ist", entgegnete ich gelangweilt und drehte eine Tagliatelle um meine Gabel.
"Ja", sagte er strahlend. "Ich habe nicht gedacht, dass es mir noch passiert, aber ich habe mich richtig verliebt!"
Oh Mann! Bitte, belass es dabei!
Ich schaute kurz auf und versuchte ein Lächeln. "Wie schön für Sie! Ähm...dich. Kein Wunder, dass du dich hier wohlfühlst."
Er schaute mir einen Tick zu lange in die Augen und senkte dann rasch den Blick. "Ja", nickte er. "Meistens ist es schön. Manchmal bin ich aber auch ziemlich niedergeschlagen. Aber ein Blick auf diesen Menschen, und schon geht es mir wieder wie bei einem Spaziergang auf dem Regenbogen."
Ich verschluckte mich an meinem Wein und bekam einen kurzen Hustenanfall. Mit tränenden Augen krächzte ich "Klingt ja toll!" und dachte nur noch 'Raus hier!'
Er schloß verträumt die Augen und seufzte. "Ja, das ist toll. Ich habe nur noch nichts gesagt."
"Man sollte ja auch nichts überstürzen", beeilte ich mich zu sagen. "Ist er denn auch im Princeton/Plainsboro Teaching Hospital beschäftigt?"
Er zog überrascht eine Braue hoch und wurde wieder rot. "Er?!"
"Hrm...der Mensch."
Er nickte. "Ja, ist er."
Meine Rettung aus dieser verfahrenen Situation nahte in unerwarteter Gestalt.
"Caro Dottore!", hörte ich plötzlich jemanden rufen. Eine Sekunde später stand Mr. Arnello am Tisch. (Der Mafioso Herr, dessen Bruder ich erfolgreich behandelt und dem ich mein neues Auto zu verdanken hatte.) Er klopfte mir schwungvoll auf die Schulter. "Dr. House! Wie geht es Ihnen? Es ist schön, Sie zu sehen!"
Ich nickte zu ihm hoch und erwiderte, dass es mir seit Voglers Weggang sehr gut ging. Arnello rieb sich die Hände. "Hätten Sie doch mal eher was gesagt! Meine Familie hätte sich dieses Herrn sicher gerne angenommen, damit er Ihnen nicht mehr das Leben schwer macht."
"Oh..." Ich winkte ab. "Zu freundlich, aber wirklich nicht notwendig. Ich...ähm...weiss das aber durchaus zu schätzen."
Während wir fertig aßen erzählte er mir noch von seinem Bruder und wie gut es ihm jetzt ginge. Dann deutete er auf Allenby und fragte "Sagen Sie...geht Ihr Kollege immer im Arztkittel essen?"
Ich grinste breit. "Ja, so ist er. Er liebt seinen Job!"
Louis wurde hektisch und zupfte verlegen an seinem Kittel. "Mist! Das habe ich total vergessen."
Er wollte die Rechnung begleichen, doch Arnello winkte ab. "Nicht doch...Sie beide sind heute meine Gäste!" Wir bedankten und verabschiedeten uns.
Draußen meinte Allenby: "Das hättest du mir aber auch sagen können!"
"Was? Dass ich einen Mafia-Boss behandelt habe?"
"Dass ich den Kittel noch anhabe!"
"Ach was. Steht dir doch."
Damit verschwand ich in meinem Büro und schloß die Tür.

Lange dauerte es nicht und ein grinsender Wilson saß auf meinem Schreibtisch. "Naaaaaaaaaaa? Was war das denn? Ein Daaaaaaaaaaaaaaate?"
Ich gab ihm einen Hieb mit meinem Stock an den Arm. "Du hast doch gesagt, ich müsse mich entschuldigen. Und wenn er mit mir essen will und ich nehme an, ist das doch Entschuldigung genug."
Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. "Der Mann ist vollkommen selig. Du hast sein Angebot also angenommen?"
"Ja, und wem habe ich das zu verdanken?" schnappte ich. Er lachte und wandte sich zum Gehen. "Danke mir nicht. So bin ich nunmal."

Der Tag dauerte glücklicherweise nicht mehr lange an, es war ja Freitag. Noch dazu ging ich Allenby den Rest des Arbeitstages erfolgreich aus dem Weg, ohne dass er es merkte und hatte auch noch die Gelegenheit, Dr. Chase die Darmspiegelung eines fettleibigen Patienten aufzubrummen.

Das Wochenende plätscherte so vor sich hin. Freitag lungerte ich bloß auf dem Sofa herum, war benebelt von zuviel Vicodin und Rotwein und schaute Poker im Sportfernsehen.
Samstag stand ich sehr spät auf, frühstückte Vicodin und schwarzen Kaffee mit Zucker und setzte mich dann an den Computer. Ich loggte mich noch einmal in World of Warcraft ein und versuchte auf eigene Faust, ein paar Aufgaben zu lösen. Dabei erlegte ich unter anderem ganz alleine ein Schwein namens "Prinzessin", dank eines Mitspielers, der anscheinend die gleiche Aufgabe hatte und bereits schwer mit ihren Begleiterschweinen beschäftigt war. Ich schoss sie geschmeidig mit einigen Feuerblitzen ins Nirvana und verschwand so schnell ich konnte. Trotzdem trafen mich noch wüste Beschimpfungen des anderen Spielers und ich glaube, ich bin nun auf seiner Ignore-Liste. Das hob deutlich meine Laune und abends war ich mit James und einigen seiner Kollegen zum Billard verabredet. Nachher ging es noch ins Pub, wo James und ich uns damit blamierten, Ava Adore, oben erwähnten Ohrwurm, mitzugrölen. Zumindest immer die Zeile "we must never be apart" wobei ich meinen Stock und Wilson seinen Daumen als Mikrophon benutzte.

Der gestrige Tag stand natürlich ganz im Zeichen von 9/11 und bereits morgens auf dem Weg zur Arbeit begegnete ich genügend Hornochsen, die T-Shirts mit dem Aufdruck Investigate 9/11 trugen. Stumpfe Verschwörungstheoretiker.
Fast den ganzen Tag beschäftigten wir uns mit einem seltsamen Fall. Chase, Foreman und ich standen am Whiteboard, diskutierten Symptome und mögliche Ursachen und ich machte Notizen dazu. Dabei schwang ich achtlos mein Jo-Jo und klatschte es mit einem Mal Chase mitten ins Gesicht. Es gab ein merkwürdiges Geräusch und er gab ein unnatürlich hohes Quieken von sich. Ich denke nicht, dass er mein "Ups!" als Entschuldigung gelten ließ. Er hielt sich die Nase und zwischen seinen Fingern quoll Blut hervor.
"Das sollten Sie besser behandeln lassen", meinte ich.
Er eilte zur Tür heraus und quetschte hinter zusammengebissenen Zähnen "Dämliches Arschloch!" hervor.
Die Tür schlug zu und ich wandte mich mit hochgezogenen Brauen zu Foreman. "Er sagt 'Arschloch' als sei es etwas schlechtes..."
Foreman verdrehte die Augen und ließ mich im Büro zurück.

Gestern abend saß ich eine Weile einfach nur auf dem Sofa und dachte darüber nach, ob ich nicht zu James fahren sollte. Ich verwarf den Gedanken immer wieder, denn ich wollte ihm nicht unbedingt auf die Nerven gehen. Vielleicht war seine House-Dosis mit dem Wochenende schon mehr als erfüllt. Doch dann packte ich meinen Kram zusammen (schließlich wollte ich mich wenn schon, dann auch über Nacht bei ihm einnisten) und fuhr auf dem Weg zu ihm noch bei einem Drive-In vorbei und holte zwei Burger-Menüs mit Coke Light. Ich wollte ja nicht mit leeren Händen vor der Tür stehen.
Auf halbem Wege kam mir ein bekanntes Auto entgegen: James auf dem Weg zu mir mit zwei Burger-Menüs auf dem Beifahrersitz. Ich grinste in sein Auto hinein. "Zu mir oder zu dir?" Er lachte. "Zu mir, wenn du dich schonmal aufgerafft hast, vorbeizukommen."
Wir vernichteten beide Menüs und es ging mir danach so schlecht, dass ich erstmal ein Rendezvous mit Wilsons Toilettenschüssel hatte. Doch danach ging es mir wieder gut und wir sahen uns Die fabelhafte Welt der Amélie an, den Wilson ausgeliehen hatte. Zuerst dachte ich, was für ein kranker, verdrehter Müll, doch dann sank ich immer tiefer in die Sofakissen und konnte den Blick nicht mehr vom Bildschirm wenden. Wilson hatte irgendwann, ohne es zu merken, den Arm um meine Schultern gelegt und starrte ebenso fasziniert auf den Bildschirm. Beim Abspann griff ich nach seiner Hand auf meiner linken Schulter. "Komm, lass uns kuscheln gehen!"
Er zog seinen Arm zurück, schniefte und schaltete den Film aus. "Komm, dir hat er auch gefallen!"
Ich antwortete nicht, sondern sah ihn nur an. Er schaute zurück und irgendwann fragten wir gleichzeitig "Ob der Record-Shop noch geöffnet hat?" Wenige Minuten später standen wir im Laden und kauften den Soundtrack, den wir den Rest des Abends rauf und runter hörten, uns dabei unterhielten oder auch manchmal bloß Löcher in die Luft starrten.
Bin ich rührselig?
Nein.

6 Comments:

Anonymous Anonymous said...

Rührselig? Nein das würde ich so nicht sagen. Aber in ihnen scheint doch tief immer Innersten ein netter Mensch zu schlummern ;)

September 12, 2006  
Blogger Dr. Gregory House said...

Was soll ich sagen?
James meint sogar, dass immerhin ein Mensch in mir versteckt ist. Ob er den nett findet, sagt er nicht.

September 12, 2006  
Blogger Dr. Gregory House said...

Da James es mir ohnehin finanziert, kann ich da nicht wirklich mitreden. Es ist schon ziemlich...ungewöhnlich, dass man ein Spiel kauft, für das man dann auch noch monatliche Beiträge zahlen muss.
Aber was soll ich sagen? Er hat mich angesteckt damit und es gefällt mir.

September 13, 2006  
Blogger Dr. Gregory House said...

Tzjaaaaaa....das ist meiner!

September 13, 2006  
Blogger Dr. Gregory House said...

Viel Erfolg bei der Suche.
Sie sind rar.

September 13, 2006  
Blogger Dr. Gregory House said...

Ärm...wovon genau jetzt?

September 13, 2006  

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