Sunday, October 29, 2006

Mein Silvester zum Millenium

James hat mir davon erzählt, in seinem Blog davon berichtet und meine Erinnerungen aufgewühlt.
Und gestern haben wir uns noch lange darüber unterhalten.
Also...wenn er so ehrlich ist, ist es bloß fair, wenn ich auch darüber schreibe.


Stacy war schon seit anderthalb Stunden im Bad, stylte ihre Haare und malte an ihrem Gesicht herum. Ungeduldig schaute ich zum wiederholten Mal auf die Uhr.
"Was ist denn nun?"
"Gleich, Honey..."
"Das hast du vor einer halben Stunde schon gesagt! Es ist neun..."
Ich joggte auf der Stelle, um sie zur Beeilung zu animieren und sie warf eine Puderquaste nach mir.
"Hey! Soll das eine Anspielung auf meinen Teint sein?", fragte ich indigniert.
Sie seufzte und sprühte sich irgendwas von Yves Saint Laurant auf. "Ich bin soweit."
Ich sah sie von der Seite her an. "Wozu verbringst du anderthalb Stunden im Bad, wenn du danach genauso aussiehst wie vorher?"
Sie boxte mir in die Seite. "Charmant wie immer!"

Wir eilten hinaus, wo das Taxi schon wartete. Die Feier war schon im vollen Gange, wenn man von den hell erleuchteten Fenstern und der Musik ausging, die herausscholl.
Als ich ausstieg und am Fenster zahlte sah ich, dass James mit seiner noch recht frischgebackenen Ehefrau Nummer 1 auch gerade angekommen war.
Susan war ganz nett, denke ich, aber sie hielt sich ungern in meiner Nähe auf. Ich war ihr irgendwie unheimlich oder unangenehm, glaube ich.
"Hey, James!", rief ich ihm zu und winkte.
"Hi, Ihr beiden! Auch zu spät?", grinste er uns entgegen. Stacy verdrehte bereits die Augen, sie wusst, dass ich ihr die Schuld geben würde. (Sie war schließlich Schuld..)
Ich grinste zurück und zog eine Braue hoch. "Du weißt ja, wie das ist...", deutete ich hinter ihrem Rücken auf sie. Das musste sie gerochen haben (oder sie hatte Augen am Hinterkopf), denn sie rammte mir ihren Ellenbogen in die Rippen.
"Ouch!", krümmte ich mich zusammen. James lachte leise. "Dann wollen wir mal."

Im Hotel angelangt schauten wir uns erstmal um und ich merkte, dass Susan sich nicht eben wohl neben mir fühlte. Was hatte sie nur immer?
Nun gut, selbst James hatte mich für ein selbstgefälliges Arschloch gehalten, als wir uns vier Jahre vor diesem Silvester auf einem Medizinerkongreß begegnet waren. Das änderte sich aber schon am gleichen Abend, als wir uns an der Bar ein paar Drinks genehmigten und uns dabei die größten Stories über die Teilnehmer einfallen ließen. An diesem Abend begann unsere Freundschaft und vertiefte sich über die Jahre. So kam uns der Zufall gelegen, dass wir schließlich beide am PPTH landeten.

"Alles klar, Schatz?", fragte James seine Frau, da er ihre Unbehaglichkeit anscheinend auch gespürt hatte. Sie nickte ihm zu und ich entdeckte die Pokertische.
"Hey, James wollen wir ein Spielchen wagen?"
Er versicherte sich mit einem kurzen Blick bei Susan. "Wieso nicht?!" meinte er dann lachend und wir machten es uns an einem der Tische bequem. (Damit meine ich das Bestellen von Scotch...)
Die Einsätze waren lächerlich gering, außerdem floss alles, was wir verloren, einem guten Zweck zu. Also blieben wir dort sitzen, bis kurz vor Mitternacht Susan an den Tisch kam um James zu kidnappen. Wir hatten gar nicht gemerkt, wie die Zeit verging und ich war schon etwas angeschickert.
"Lass aufhören, es ist bald Mitternacht und wir wollen doch nicht das Millenium spielend beginnen, oder?", fragte James.
"Na gut, ich bin eh am verlieren", entgegnete ich mit leicht schwerer Zunge und wir beendeten unsere Partie.
Als wir aufstanden wurde deutlich, dass James ebenfalls etwas viel Alkohol hatte, denn er stolperte und wäre längst aufs Gesicht gefallen, wenn er nicht gegen mich gekippt wäre und ich ihn nicht aufgefangen hätte.
Ich zog ihn etwas an mich, um ihn zu stabilisieren und roch den dezenten Duft von Fahrenheit. Er war warm in meinen Armen und fühlte sich...richtig an dort. Es war, als hätte ich mir das schon lange gewünscht. Mein Herzschlag beschleunigte sich, mein Magen zog auf eine extrem merkwürdige Art und Weise und ich schluckte leicht, als ich seinen Blick bemerkte.
"Spinnst du?", fragte ich mich im Stillen und schaute leicht besorgt zu, wie James in den Knien einknickte und sich am Tisch festhielt.
"Alles okay mit dir?", fragte ich ihn und er nickte benommen. "Ja, ich hab wohl nur zu viel getrunken" winkte er ab.
Ich klopfte ihm auf die Schulter. "Du verträgst nichts Jim!" Dieser lächelte mich leicht gequält an und schlug dann vor, langsam mal die Frauen zu suchen.

Wir fanden sie draußen auf dem Balkon mitten im Gespräch mit Cuddy. Im Vorbeigehen grabschte ich zwei Gläser Sekt vom Tablett des Kellners - eigentlich beide für mich um dieses seltsame Gefühl abzuschütteln, aber Stacy nahm mir eines ab.
Ich versuchte noch, Cuddy ins Gespräch über meinen aktuellen Fall zu verwickeln, aber weder sie noch James wollten am Silvesterabend knapp vor dem Jahreswechsel darüber reden. "Du bist unmöglich", lächelte Stacy mich an und gab mir einen Kuss zum neuen Jahr.

Als ich mich zu James umdrehte, fand ich ihn vertieft in einen Kuss mit Susan, was mir einen seltsamen Stich versetzte. Also stubste ich ihn unsanft in den Rücken. "Hey, das ist unhöflich!"
James drehte sich lachend um, umarmte Stacy und prostete Cuddy zu. Wir grinsten uns an und nahmen uns kurz in den Arm, um uns ein gutes neues Jahr zu wünschen. Dieser kurze Moment verwirrte mich wieder ungemein und James fluchte plötzlich unterdrückt. Hatte er am Ende etwas bemerkt? Ich kannte mich selbst nicht.
"Alles klar?" fragte ich und schaute in seine braunen Augen. Er winkte ab, er habe bloß zuviel getrunken und ich nahm ihm lachend sein Glas ab.

Daheim wollte Stacy das neue Jahr gerne im Bett begrüßen, aber ich wandte mich leicht mürrisch ab.
"Ist irgendwas?", fragte sie verwirrt.
Ich zuckte die Achseln und rief mir ein Taxi ins PPTH - ich musste mich ablenken. Und was war besser geeignet dazu als der Fall, den ich hatte?

Wie man auch bei James lesen kann, rief ich ihn noch ins Krankenhaus, um mich zu unterstützen. Eigentlich wollte ich ihn bloß sehen und meine Reaktion darauf testen. Was sich bei mir tat, erschreckte mich und ich drückte ihm einige Tests in die Hand.

Als der Morgen dämmerte, öffnete ich leise die Tür zu seinem Büro. Dort saß er, den Kopf in die Hände gestützt und wahrscheinlich sehr müde.
"Hey", rief ich ihm leise zu. Er sah auf, bedachte mich mit einem seltsamen Blick und stand auf, um sich auf das Sofa in seinem Büro fallen zu lassen.
Einen Arm hatte er über die Lehne gelegt und ich ließ mich neben ihn fallen und gab mich der Illusion hin, er habe den Arm um mich gelegt.

Statt bei Stacy zu sein, ging ich gleich nachdem wir unsere Arbeit beendet hatten joggen und versuchte, die Gedanken, die in meinem Kopf kreisten zu verdrängen.
Von da an hängte ich mich sehr in die Beziehung zu Stacy und klammerte mich an die Normalität und Vertrautheit, die sie vermittelte. Umso schlimmer traf mich, was sie schließlich tat. Ich zog mich fast vollkommen in mich zurück und schob dieses Gefühl so erfolgreich beiseite, dass ich beinahe vergessen hatte, dass es da war.

5 Comments:

Blogger Unknown said...

Wir waren wirklich große Hornochsen ...

October 29, 2006  
Blogger Dr. Gregory House said...

Idioten waren wir.

October 29, 2006  
Blogger Dr. Eric Foreman said...

Und was fällt uns daran auf?

October 29, 2006  
Blogger Dr. Robert Chase said...

Dass Sie ihre Tests damals noch selbst gemacht habe...?

October 29, 2006  
Blogger Dr. Gregory House said...

Genau!
Eine mühsame Zeit.
Keine Herausfinder - gräßlich.

October 30, 2006  

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