Friday, October 20, 2006

Die Stimmung ist nun etwas besser

Ich habe mir ein Herz gefaßt und bin ins Schlafzimmer getreten. Vom Bett her hörte ich meinen Namen leise gemurmelt - gut, er war also wach und immerhin bereit, mit mir zu sprechen.
Ich trat aufs Bett zu und war überascht, ihn doch noch schlafend vorzufinden.
"James?", fragte ich sachte.
Er bewegte sich leicht und knautschte mit einer Hand mein Kissen, das er an sich gedrückt hielt.
Shit...es war noch verdächtig nass...

"James?", fragte ich nochmal und rüttelte leicht an seiner Schulter.
"Hmmmm?", kam es verschlafen von ihm als würde er aus tiefen Träumen auftauchen.
"Hast du Hunger?"
"Öh?", fragte er und blinzelte mir entgegen.
Ich versuchte ein zaghaftes Lächeln.
"Hallo..."
"Hallo", erwiderte er nur.
"Hm..also...hast du Hunger?"
James richtete sich auf und starrte peinlich berührt auf mein Kissen, welches er unauffällig neben sich zu legen versuchte. Dann sah er auf und nickte. "Mordshunger..."
Ich zog ihm die Decke weg. "Na dann...es ist angerichtet."
Etwas unsicher tapste James mit Krücke und im Schlafanzug ins Wohnzimmer - der Anblick ließ mir das Herz zusammenkrampfen - und schaute staunend auf den gedeckten Tisch.
"Du hast gekocht?", fragte er überrascht und setzte sich hin.
Ich nickte leicht verlegen und legte wieder die Dido CD ein, bevor ich mich setzte. Ich war so froh, dass er relativ normal mit mir sprach.

"Ich habe einiges wiedergutzumachen", murmelte ich und winkte mit der Weißweinflasche. "Meinst du, wir sollten uns das antun oder lieber nicht?"
"Den Wein?", fragte er. "Klar, wieso nicht...er paßt zum Essen und schlimmer wird es nach den Tabletten sicher auch nicht mehr..."
Ich goß uns also ein und ärgerte mich, dass meine Hand dabei leicht zitterte. Natürlich bekam James das mit und schaute mich forschend an.
"Du siehst nicht gut aus", meinte er, als ich saß.
"Danke...Ich bin ein Idiot." Ich studierte kurz meinen Teller und sah dann wieder auf. "Gut...dann hoffentlich guten Appetit..."

Meine Sorge wegen des Essens war unberechtigt. Es war wirklich gut.
"Greg, das schmeckt hervorragend", meinte James noch kauend und lächelte mir zaghaft zu.
Ich versuchte ebenfalls ein Lächeln und schweigend aßen wir weiter. Dieses Mal war das Schweigen nicht so unangenehm wie im Auto, aber es war zu spüren, dass einiges unausgesprochen in der Luft lag.
Mit unseren Gläsern und der Weinflasche zogen wir aufs Sofa um und hörten Dido zu, wie sie Thank you sang.
"Dir habe ich auch zu danken...", begann ich unbehaglich und drehte das Weinglas in meiner Hand.
"Zu danken?"
Ich schluckte kurz. "Hmh...ja. Du hast mich nicht zum Teufel geschickt nach meinem Benehmen gestern. Obwohl du alle Grund gehabt hättest."
James schaute mich nur an, sein Blick war unergründlich und seine Augen wirkten wie warme, tiefe Abgründe, in die ich mich fallenlassen wollte.
Ich wandte den Blick ab und fuhr fort. "Das hat mir ziemlich zu schaffen gemacht...Ich hatte wirklich Angst davor."
Ich war nicht gut in sowas und innerlich krümmte ich mich zusammen, weil ich nicht einfach eine ironische Bemerkung heraushauen konnte, wollte ich mich wirklich entschuldigen.
James griff nach meiner Hand und abwesend verschänkte ich meine Finger mit seinen. Es fühlte sich erstaunlich gut an, obwohl ich so etwas normalerweise nie getan hätte.
"Ich habe dir schonmal gesagt, dass ich dich nie zum Teufel jagen würde. Manchmal bist du ein Arsch und treibst mich fast in den Wahnsinn, aber du bist und bleibst mein bester Freund..."
Ich sah in bloß schweigend an, er schaute eine Weile zurück und fragte dann "Möchtest du darüber reden, was dich gestern so fertiggemacht hat?"
Ich zuckte die Achseln. "Ich bin nicht sicher, ob ich es selber so genau weiß...Ich bin einfach mit mir selber nicht mehr zurecht gekommen...."
James nickte nur, zog mich mit meiner Hand näher zu sich heran und nahm mich in den Arm.
Dieses Mal versetzte ich ihm keinen Stoß in die Rippen, sondern erwiderte die Umarmung. Sie war warm, angenehm und roch nach Wilson. Ich schloß die Augen und wir saßen eine ganze Weile so - und ich wußte, dass ich es nicht geschafft hatte, unsere Freundschaft kaputtzumachen. Der Stein, der mir vom Herzen fiel, hatte die Größe von Texas.

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